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21 Mrz, 2018   |     |   0

Der Totenkopf – auf ewig verbunden mit der Vanitas-Ikonografie

„Was den Menschen aber über die engen Schranken seines irdischen Bewusstseins hinaus von dem Endlichen zu dem Unendlichen erhebtund ihm den Blick in die höhere göttliche Welt öffnet, ist die Begeisterung.“ Friedrich Schlegel (deutscher Schriftsteller,* 10.03.1772, † 12.01.1829)

Leben und Tod. Diesseits und Jenseits. Vergänglichkeit. Düster, dunkel, manchmal aber auch hell und lichtdurchflutet. Tag und Nacht. All diese Begriffe sind verbunden durch den Vanitas Gedanken. Aber was heißt Vanitas? Was bedeutet es und wie floss oder fließt es in die Kunst ein? Und was hat überhaupt der Totenkopf damit zu tun?

Vanitas – Es ist alles Eitel

 

Sonett von Andreas Gryphius

Dusihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.

Was diser heute baut/ reist jener morgen ein:

Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wisenseyn

Auff der ein Schäfers- Kind wird spilen mit den Herden:

Was itzund prächtig blüht/ sol bald zutretten werden.

Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein/

Nichts ist/ das ewig sey/ kein Ertz/ kein Marmorstein.

Itzt lacht das Glück uns an/ bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.

Soll denn das Spil der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?

Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten/

Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub und Wind;

Als eine Wisen-Blum/ die man nicht wider find`t.

Noch will was Ewig ist kein einig Mensch betrachten!

Im eigentlichen Sinne heißt Vanitas übersetzt aus dem Lateinischen lediglich Eitelkeit, in der Kunstgeschichte jedoch ist mit dem Begriff der Vergänglichkeitsgedanke verbunden. Die abendländische Kunst, hier besonders die Malerei zu nennen, hatte seit jeher die Aufgabe Botschaften zu transportieren und Ideen, Moral und Regeln bildlich und einfach verständlich zu veranschaulichen. Die christlichen Kirchen benutzten die bildende Kunst, um die Gläubigen immer wieder zu belehren, zu erinnern und zu mahnen. So liegt es nahe, dass auch Die Botschaft des bevorstehenden Todes als Lehrmittel für ein tugendhaftes Leben genutzt wurde. Die Bilder erfüllten die Funktion als Erinnerungsstütze zu dienen, die Menschen sollte auf Erden so leben, dass sie nach ihrem sicheren Tod in den Himmel kehren durften umso Teil der göttlichen Ewigkeit zu werden.Doch nicht nur der Mensch ist vergänglich, nein, auch alles das, was ihn umgibt. So ist dem Menschen sein Besitz nie gewiss, auch hier ist ein Ende absehbar.

In der Zeit des Barock, im 17. Jahrhundert, erlebte der Gedanke eine Blüte- und Hochzeit. Fast jeder Maler, sei es Peter Paul Rubens oder andere Meister ihrer Zeit, bediente sich an dessen Zeichensetzung. Die Vanitassymbolik ist hierbei nicht immer subtil. Dennoch war die aktive Teilnahme des Betrachters, also das bewusste Nachdenken und Reflektieren über das Gesehene, eine Voraussetzung. Nicht alle Symbolik war leicht erkennbar.

Der Autor des Buches „Dutch Still Life Painting In The Seventeenth Century” Ingvar Bergström unterteilte die Vanitassymbole in drei Kategorien: Zum ersten gibt es die Symbole der irdischen Existenz, also Gegenstände, die scheinbar dem Verfall nicht ausgeliefert sind wie Bücher, Musikinstrumente oder gar Luxusgüter wie Geld. Hierbei werden verschiedene Bereiche des Lebens aufgezeigt, so der tätige Alltag (vitaactiva), das geistige leben in der Kunst und Wissenschaft (vitacontemplativa) und schließlich die Wollust, der Luxus (vitavoluptaria). In der zweiten Kategorie fasst Bergström die Symbole der Vergänglichkeit in Form von Gegenständen zusammen, hier ist zum Beispiel der Totenkopf zu nennen. Die letzte und dritte Kategorie umfasst Symbole der Widergeburt und des ewigen Lebens wie zum Beispiele Lorbeer oder Efeu.

Meist fanden Vanitassymbole ihren Ausdruck im Genre der Stillebenmalerei, hier war dieser Gedankengang am aussagekräftigsten. Die Künstler konnten mehrere Bedeutungsebenen der verschiedenen Motive einbauen.Häufig wurden Symbole, die den Tod ankündigten mit Attributen für ein wohlhabendes Leben kombiniert, so beispielsweise ein Hummer drapiert neben einem Totenkopf. So erzielten die Künstler eine provozierende Gegenüberstellung von Leben und Tod in einem Bild. Die Farbwahl war meist dunkel und düster mit vereinzelt hellen Lichtreflexen, so wurde durch die Kontrastierung eine Betonung der Botschaft erreicht.

Auch politische und soziale Einflüsse bewirkten eine verstärkte Vermittlung von Botschaften innerhalb der Malerei, verstärkt durch die Vanitassymbolik. Dabei sind so zum Beispiel die Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen nördlichen Provinzen Hollands mit den südlichen katholischen Provinzen zu benennen. Die Kämpfe waren blutig und forderten von den Menschen ihren Tribut. So nutzten beide Seiten die Kunst, um den Geist und Willen zu befeuern. Auch in den Zeiten, als die Pest die Bevölkerung dezimierte, nutzten Künstler gerne die Todesikonografie um zu erinnern und zu mahnen, tugendhaft und nach den Regeln der Kirche zu leben, um bloß nicht nach dem Tod in der Hölle zu landen. In politisch und gesellschaftlich ruhigen und stabilen Zeiten war demnach ein Rückgang der Vanitassymbolik in der Kunst zu verzeichnen.

Im Anschluss an das 17. Jahrhundert verschwand die Thematik immer mehr und Vanitas hatte im Zuge des Erstarkens des Bürgertums kaum noch Relevanz.

Dem Totenkopf wird in der christlichen Ikonografie und in Verbindung mit dem Vanitasmotiv eine führende Rolle zugeschrieben. Unmissverständlich verweist er den Betrachter darauf hin, dass auch er eines Tages sterben wird. Nur einzig jeder selbst wird dann allein dafür verantwortlich sein, ob er in den Himmel oder gar in die Hölle kommen wird. Der Totenschädel steht somit als Symbol für den Tod, die Vergänglichkeit, die Sterblichkeit des Menschen. Am Ende bleibt nur er von der Person übrig.

Zahlreiche Künstler bedienten sich seiner Symbolkraft und noch bis in die heutige Zeit ist er ein beliebtes künstlerisches Motiv. Der Totenkopf veranschaulicht auf verständliche Art und Weise eine

Bedrohung des Lebens beziehungsweise Todesgefahr. Er symbolisiert eindeutig die Vergänglichkeit des Menschen, seinen unvermeidlichen Tod, die Seele hingegen ist unsterblich und verknüpft mit einem religiösen Glauben. Die Darstellungen des Schädels in der Malerei sind meist frontal ausgeführt, mit oder gar ohne Unterkiefer, manchmal jedoch auch im Profil. Oft waren dem Totenkopf noch weitere Knochen und Teile des Skeletts hinzugefügt. In der Malerei wurden zudem auch weitere Symbole der Vergänglichkeit hinzugefügt, so zum Beispiel die Schlange oder eine abbrennende Kerze.

 

Blogbeitrag von Sabrina Tesch

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